Wenn der Fado den Weg ebnet: „O Fado“, eine Premiere mit Seele und Komplizenschaft
Eine Stimme, die zwischen Tradition und Avantgarde schwingt; ein Klavier, das nicht begleitet, sondern dialogisiert

Premieren sind besondere Konzerte. Der erste Kontakt zwischen Künstlern, ihrem Werk und dem Publikum. Das erste Mal, dass das Werk geteilt und die Empfindungen des Zuhörers wahrgenommen werden. Dabei zu sein bedeutet, den ersten Herzschlag mitzuerleben, eine Geschichte, die mit Musik geschrieben wird. Und es bedeutet, Teil dieses ersten Herzschlags zu sein.
Eine solche Erfahrung wurde am Freitag im Kloster von Sant Domingo de Pollença gemacht, wo LINA_ und Marco Mezquida zum ersten Mal präsentierten Der Fado, ihr gemeinsames Projekt.
Eine Stimme, die zwischen Tradition und Avantgarde oszilliert; ein Klavier, das nicht begleitet, sondern in Dialog tritt. Was diese beiden Künstler vorschlagen, ist eine Klangreise, bei der Portugal und Spanien Hand in Hand gehen, mit Fado als Vehikel und Jazz als bewegende Landschaft. LINA_s Stimme – eine Erbin von Amalia, doch frei und zeitgenössisch – verschmolz mit der Vielseitigkeit und dem Licht von Mezquidas Klavier in einem Repertoire, das zwischen klassischen Fados, ihren eigenen Kompositionen und unerwarteten Adaptionen oszilliert, wie zum Beispiel Der Rosenkranz meiner Mutter, von María Dolores Pradera und ein wunderschönes Kleidungsstück mit Texten aus dem Gedicht Vertraulich, unter anderem vom portugiesischen Dichter Miguel Torga.
Das Konzert war schlicht, einfühlsam, schmeichelhaft … und zugleich herzlich und tiefgründig. Das begeisterte Publikum erlebte einen Abend voller wissender Blicke, spontanem Gelächter und Kommentaren zwischen den Stücken, die die Premiere zu einer hautnahen Begegnung machten. LINA_ und Mezquida, zwei Künstlerinnen im Zustand der Gnade, zeigten, dass Schönheit nicht nur im Gehörten liegt, sondern auch darin, wie es geteilt wird.